Am 20. April fand im Kulturzentrum Schlachthof in Wiesbaden die achte Ausgabe der See statt. Die Konferenz dreht sich jährlich um das Thema Visualisierung.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Michael Volkmer, Veranstalter und Inhaber der Agentur »Scholz & Volkmer«. Er wies in seiner kurzen Rede darauf hin, dass die Zeit des Eyecandy vorbei sei und Visualisierungen als Prozessbeginn gesehen werden sollten, um die Dinge »draußen« zu verändern. Volkmer: »Utopien rendern kann jeder. Wir müssen die Utopien auf die Straße bringen.«
Als Beispiel brachte Volkmer ein Projekt seiner Agentur, bei dem dank freiwilliger Teilnehmer und deren GPS-Bewegungsdaten mittels einer kostenlosen App ermittelt werden soll, wo sich in der Stadt Wiesbaden die meisten Radfahrer bewegen. Anhand dieser Daten soll der Stadt gezeigt werden, wo und wie dringend Radwege gebraucht werden.
Den Beitrag von Michael Volkmer gibt es hier:
Gesellschaft im Wandel – zusehen am Wasser
Produktdesign und Marketing wurde dann im ersten Vortrag von Wolfgang Ullrich aus philosophischer Sicht betrachtet. Er befasste sich speziell mit dem Bild als Spiegel der Gesellschaft. Damit waren sowohl private Schnappschüsse, online gestellt in sozialen Netzen, als auch Produktfotografie gemeint. Anhand zahlloser Beispiele, die er auf der Foto-Plattform flickr gesammelt hat, zeigte Ullrich auf, wie unterschiedlich und teils heldenhaft einfache Produkte wie Wasser dargestellt werden. Wolfgang Ullrich ging darauf ein, dass das Marketing immer wieder neue Attribute erfinden müsse, um einem simplen Produkt einen gewissen Mehrwert anzuheften, der es von vergleichbaren Produkten unterscheidet. Am Beispiel Wasser führte er auf, dass hier das Grundnahrungsmittel zum exklusiven Produkt erhoben wird, das sich in seinen Nuancen unterscheidet und bei dem sich »Kenner«, ähnlich wie bei Whisky, in gemütlicher Runde über die Qualität der Flüssigkeit sinnieren könnten.
So zeigt er, dass es mittlerweile zu einem »semantischen Upgrade« gekommen ist, da Wasser nicht mehr nur in einfachen Flaschen verkauft wird, sondern ähnlich wie Wein präsentiert wird. Dies spiegelt sich auch in der Bildsprache wieder, in der Wasser mit der gleichen Bildästhetik präsentiert wird wie alkoholische Getränke.
In anderen Fällen wird Wasser eine besondere energiegebende Eigenschaft zugeschrieben, weshalb bereits die Verpackung ähnlich einer Sportdrink-Flasche daherkommt und ein besonderer Verschluss benötigt wird, um die Kraft »im Zaum zu halten«.
Abschließend wies Ullrich darauf hin, dass Produkte für Jugendliche zur Identitätsfindung dienen und die Produktgestaltung somit zur Gesellschaftsinterpretation wird. Es gilt also, nicht weniger als die Zukunft zu gestalten.
Den Beitrag von Wolfgang Ullrich gibt es hier:
Step out of Photoshop – visualize data with code
Pablo Vio von der kanadischen Agentur Jam3 hat erst seine Firma und anschließend eines der erfolgreichsten Projekte vorgestellt. Bear71 war ein Bär, dessen Lebensraum ein kanadischer Nationalpark war. Versehen mit einem GPS-Sensor und unzähligen Kameras wurde getrackt, abgelichtet und dokumentiert wie sich der Bär in seinem Habitat bewegt und verhalten hat. (Beinah-) Aufeinandertreffen mit anderen Tieren, Radfahrern, Wanderern oder Fahrzeugen wurden genauso nachvollzogen, wie Fress- und Schlafverhalten oder der Umgang mit Artgenossen.
Visualisiert wurden all die Daten dann im Netz. Sowohl anhand vom Zeitraum als auch vom Ort kann der Nutzer die Bewegungen des Bären nachvollziehen und eigene GPS-Daten hochladen, um eventuelle »Begegnungen« mit dem Bären nachvollziehen zu können.
Ein Ende fand das Datensammeln mit dem Tod des Bären – er wurde von einem Zug überfahren.
Den Beitrag von Pablo Vio gibt es hier: